Expected Goals: Erklärung und Bedeutung

Text und Statistiken – Thorsten Weil / Artikel vom 04.01.2020 / Zuletzt aktualisiert am 17.04.2020

Fußball Wissen – Expected Goals

Durch die Digitalisierung des Fußballs, erhalten fortgeschrittene Statistiken und Analysen mehr und mehr Einzug in den fußballerischen Mainstream. Dazu gehören auch die Expected Goals, mit deren Metrik die Qualität von Torchancen bewertet werden kann. Erfahre was Expected Goals aussagen und wie sie bemessen werden.

Symbolbild Expected Goals Statistik
Geht er rein oder geht er nicht rein? Mit der Expected Goals Statistik wird die Wahrscheinlichkeit von Toren gemessen.

Was sind Expected Goals?

Mit der Statistik der “Expected Goals” (Kurz “xG”-Metrik) werden Torchancen mit der Wahrscheinlichkeit eines Tores in Verbindung gesetzt. Die Analyse wird auf Mannschaften genauso wie auf einzelne Spieler angewendet. In deutscher Übersetzung heißt Expected Goals soviel wie “Angenommene/Voraussichtliche Tore”.

Wir alle kennen das Problem: In einer Spielstatistik tauchen Werte wie 15 zu 8 Torschüsse auf und sagen über den gerade gesehenen Spielverlauf so gut wie nichts aus. Denn die Qualität der Torabschlüsse und der daraus resultierenden Chancen fließt in die oberflächliche Statistik der Torschüsse nicht mit ein.

Am Beispiel der Partie Hoffenheim-Dortmund vom 20. Dezember 2019 kann man das gut veranschaulichen. Hier die Spieldaten mit den klassischen Daten inkl. der Torschüsse. Die Torschüsse sind fast ausgeglichen, demnach kann man nach dieser Statistik auch auf ein ausgeglichenes Chancenverhältnis schließen.

Klassische Spieldaten-Analyse mit Torschüssen einer Bundesliga Partie
Klassische Spieldaten-Analyse zum Spiel Hoffenheim–Dortmund vom 20.12.2019 – Quelle Kicker.de unter https://www.kicker.de/4588804/spieldaten/1899-hoffenheim-3209/borussia-dortmund-17

xG als Faktor der Tor-Wahrscheinlichkeit

Im Gegensatz zu dieser herkömmlichen Art von Statistik basiert das Modell der Expected Goals auf einer komplexen Berechnung der Tor-Wahrscheinlichkeit von Chancen. Daraus ergibt sich ein viel genaueres Bild zum echten Leistungsvermögen einer Mannschaft und damit sind längerfristige Trends besser voraussehbar als nur der Blick auf die aktuellen Ergebnisse.

Um beim Beispiel von oben zu bleiben. Die auf den Expected Goals basierende Spielanalyse gibt das Spielgeschehen deutlich realistischer wieder. Nach den hier ermittelten Werten hätte Borussia Dortmund das Spiel gewinnen müssen, da die besseren Chancen eindeutig aufseiten des BVB waren.

Damit die xG-Kalkulation so realistisch wie möglich ist, werden zur Berechnung der Qualität der Torchance Daten aus Tausenden von historischen Schüssen anhand von Faktoren wie zum Beispiel Schussposition, Schussart, Art des Passes, Abstand zu Gegenspielern usw. verarbeitet.

Expected Goals Spieldaten einer Bundesliga Partie


xG Spieldaten mit Ergebnis
Grafische Analysen zum Spiel Hoffenheim–Dortmund auf Basis des xG-Modells – Quelle https://understat.com/match/12549

Video mit Spielszenen

Das folgende Video mit Spielszenen zeigt anschaulich was es mit den Expected Goals auf sich hat. Schaut es Euch am besten ganz an.

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“…Expected Goals (xG) messen die Qualität eines Schusses basierend auf verschiedenen Variablen wie Art der Vorlage, Schusswinkel und Entfernung vom Tor, ob es ein Kopfball war oder ob im Vorfeld eine Großchance erfasst wurde. Addiert man die Expected Goals eines Spielers oder die Expected Goals einer Mannschaft, erhält man einen Hinweis auf das Verhältnis der Tore zu den abgegebenen Schüssen eines Spielers bzw. einer Mannschaft…”

Wie werden Expected Goals berechnet?

So funktioniert das Modell zur Berechnung des xG-Wertes:
Jede Torchance bekommt einen Wert auf einer Skala zwischen 0 und 1 zugewiesen. Ein Schuss mit einer vorhergesagten Tor-Wahrscheinlichkeit von 50% erhält beispielsweise einen xG-Wert von 0,5. Der Höchstwert von 1 xG bescheinigt dem Spieler eine hundertprozentige Chance auf den Treffer.

Beispiel:
Die einfachste und am besten nachvollziehbare Torchance ist ein Elfmeter. Die gesammelten Opta-Daten geben dem Abschluss vom Elfmeterpunkt eine Tor-Wahrscheinlichkeit von 76% oder 0,76 im xG-Modell.

Im Video oben könnt Ihr das Modell übrigens praktisch nachvollziehen. Ab Minute 0:52 werden 3 unterschiedlich gute Torchancen plausibel nachvollziehbar prozentual bewertet.

Die Vorhersage von langfristigen Trends wird mit Fakten untermauert

Auch hier solltet Ihr Euch das Video oben anschauen, ab Minute 2:57 wird das Beispiel Juventus Turin in der Saison 2015/16 untersucht. Die Punktzahl im ersten Teil der Saison ließ zu Wünschen übrig, aber die Leistung in Form von Expected Goals war in diesem Zeitraum schon deutlich besser. Juve hatte einfach Spielpech bzw. eine weit unterdurchschnittliche Chancenverwertung. Im Laufe der Saison setzte sich das echte Leistungsvermögen aber durch und Juventus wurden schlussendlich Meister.

Ein ähnliches Beispiel ist Borussia Dortmund in der letzten Saison unter Jürgen Klopp (Saison 2014/2015). Nach der Hinrunde lag der BVB an Position 17 mit mageren 15 Punkten. Nach dem xG-Modell hätte der BVB aber deutlich mehr Tore schießen müssen und hat gleichzeitig zu viele Gegentore bekommen. In Summe machte das ein Minus von über 11 Punkten.

In der Rückrunde konnte Borussia Dortmund Ihre Performance auch in Ergebnisse ummünzen und landete noch auf dem 7. Tabellenplatz.

Bundesliga Abschlusstabelle 2014/2015 mit Werten nach Expected Goals
Abschluss-Tabelle 2014/2015 – Quelle: https://understat.com/league/Bundesliga/2014

Wer erhebt die Expected Goals?

Im April 2012 präsentierte der Advanced Data Analyst Sam Green vom Sportstatistikunternehmen Opta erstmals seinen innovativen Ansatz zur Bewertung der Leistung von Torschützen der Premier League. Inspiration fand er in ähnlichen Modellen, die im amerikanischen Sport eingesetzt werden. Erstmalig kam die Metrik in der Saison 2017/18 bei der britischen Sendung Match of The Day zum Einsatz.

Im Laufe der Jahre haben die Sportanalytiker von Opta zahlreiche Datenpunkte von Aktionen im Spiel in allen Top-Fußballigen gesammelt. Bei der Erstellung des xG-Modells wurden mehr als 300.000 Schüsse unter Berücksichtigung verschiedener Variablen wie zum Beispiel Schusswinkel, Vorlagentyp, Schussposition, die Situation im Spiel, die Nähe der gegnerischen Verteidiger und die Entfernung zum Tor von Opta analysiert. Sie waren dadurch in der Lage, jeder Art von Torabschluss einen Tor-Wahrscheinlichkeitswert zuzuweisen (Kalkuliert mit der xG-Metrik). Das xG-Modell wird laut Opta mit der ständig wachsenden Datenmenge kontinuierlich verfeinert und weiterentwickelt.

Wo findet man die aktuellen Statistiken zu Expected Goals für die 1. Fußball-Bundesliga in Deutschland?

Die beste und aktuellste Statistik zu jedem Verein und jedem einzelnen Spiel gibt es hier – https://understat.com/league/Bundesliga